Ein Weltspiel

Solo-Performance-Livestream-Festival in Stuttgart und weltweit

Ein Event von LaFuchsiaKollektiva in Kooperation mit der freien bühne stuttgart und Sense Trans Techno

12 KünstlerInnen aus aller Welt zeigen eine Soloperformance via Livestream in ihrer Nachbarschaft und an Orten, die als kleine Kulturinseln einen Anziehungspunkt für Menschen aus der Nachbarschaft bieten. Das Thema, das die KünstlerInnen beschäftigt, ist Intimität und Öffentlichkeit.

Die menschliche Erfahrung wird digitalisiert. Ob wir wollen oder nicht, sind wir Teil des net, wir sind Daten.

William Fernando Aparicio

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Juma Jandaira
Corporación Tapioca
Mohsen Abolhassani
Dramaturgia Clandestina
Ismene Schell
William Fernando Aparicio
Haya Ibrahim
Dusty Dust
Johana Gómez
Black Petal Colective
Nadia Granados
Magda Agudelo

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JUMA JANDAIRA

BRENNEN (um die Erfüllung des Wunsches zu beschleunigen)

SÃO PAULO

Künstlerische Vita

Fôlego Vivo ist Brasilianerin und Nicht-Brasilianerin, menschlich und nicht-menschlich, fruchtbare Erde und geöffnete Ader. Ihr Lernen und Handeln entspringt ausschließlich aus ihrer Beschäftigung mit dem Kampf der indigenen Völker von Abya Yala. Ausgehend von den Künsten des Körpers glaubt sie, dass es notwendig ist zu „dekolonisieren“, zu „desCÚLOnizar“, und umgekehrt. Sie ist eine transdisziplinäre, „alieníndia” (zu den Indigenen zurückgekehrte) Künstlerin, eine transdisziplinäre Dozentin, eine antikoloniale Kulturproduzentin und ein Zauberlehrling. Sie promoviert im Bereich Theaterwissenschaft (UDESC) und macht ihr Diplom in Agrarökologie-Technik (SERTA), um beide Bereiche miteinander zu verbinden.

In ihrem Buch Terra Madura beschreibt Graciela Chamorro (2008), dass die symbolischen Handlungen der einheimischen Guarani-Völker, die während Widerstandsaktionen stattfinden, dazu dienen, den Wunsch zu erfüllen, sich selbst wieder frei zu sehen.

Es ist bekannt, dass in vielen indianischen Kulturen Rauch als eine wichtige Kommunikationstechnik eingesetzt wurde. Die Botschaft, die São Paulo und der Welt mit den gigantischen Bränden im brasilianischen Amazonasgebiet übersandt wurde, lautete jedoch: „Wir werden erst dann aufhören, wenn der letzte Baum auf dem Boden liegt und wir so viel Geld haben, dass es notwendig sein wird, ihn ebenfalls zu verbrennen“.

Für mehrere indigene Völker haben der Virus, die Pandemie mit der Massenvernichtung der Bäume zu tun, also muss zurückschlagen werden. Auf eine „(in)díg(e)na“ (Wortspiel aus indigen und würdig) Weise. Die Performance wird der magische Raum sein, in dem unsere Botschaft mit der Technologie der Internet-Lagerfeuer-Kommunikation in die Welt gesendet wird. Die Mächtigen werden brennen, und so werden wir die Erfüllung unseres Wunsches beschleunigen, uns zusammen mit unseren Baum-Großmüttern in Freiheit zu sehen.

CORPORACIÓN TAPIOCA

MIR NAHE*

VILLAVICENCIO

Juan Camilo Herrera Passage des Tucunare-Stroms. Reise nach Puerto Asis von Abiyu Mitu Kolumbien 2014

Corporación Tapioca ist seit 11 Jahren ein Künstlerkollektiv. Durch die Beschäftigung mit der Vermittlung von Kunstformen verschiedener Bevölkerungsgruppen stärkt das Kollektiv die kulturellen Werte des kolumbianischen Orinocoamazonia. Durch ihre Arbeit verbindet Corporación Tapioca künstlerische Mittel mit den besonderen Identitäten und Ausdrucksformen dieser Region. Corporación Tapioca bemüht sich insbesondere darum Räume zu schaffen, in denen Wissen konstruiert wird, um künstlerische Schaffensprozesse und Forschung, die im Einklang mit den territorialen Kontexten und ihren Problemen stehen.

Prozesse, die Corporación Tapioca begleitet sind „Saberes de Pupuña“, „Saberes del Pira“, „El cuerpo que cuenta“, „Yajuino yiriaino jiedovake“, „Kubay Marebukuva“ und „Ñamiajapu Dajarasa“, die den interkulturellen und generationenübergreifenden Dialog, das interdisziplinäre Schaffen, die Anerkennung von traditionellem Wissen und Territorium sowie die kritische Konstruktion von Identität fördern.

Eine Performance von:
César Ernesto Agudelo Moreno: Transdisziplinärer Künstler
Jenny Andrea Gutiérrez Álvarez: Darstellende und Community-Künstlerin
Juan Camilo Herrera Casilimas: Darstellender und Community-Künstler

Mir nahe*

In der Quarantäne ist das Zuhause zu einem ambivalenten Raum geworden, in dem nicht nur unsere Intimität erlebt, sondern in dem auch der Bildschirm für Mitarbeiter oder Studenten geöffnet werden kann. Jetzt, wie in G. Orwell’s Big Brother von 1984, können andere unser Wohnzimmer, unsere Küche, unser Schlafzimmer betreten, eine Grenze ist überschritten worden. Unser eigener Raum wird zum Paradoxon: Was ist exponierte Intimität? Welche ist die Grenze zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten?

Andererseits, während wir eingesperrt sind, geschehen draußen schreckliche Dinge. In Kolumbien hat es in diesem Jahr viele Massaker gegeben. Diese Performance wird zu einem Raum, um diese schwierige Situation öffentlich zu machen.

Drei Personen, an drei verschiedenen Orten in Kolumbien, suchen nach Räumen für ihre Intimität. Die Kamera folgt ihnen, so dass sie den Blicken der Zuschauer aus aller Welt ausgesetzt sind. Bei dieser Verfolgungsjagd benennen sie Plätze, an denen Morde stattgefunden haben, auf diese Weise erstellen sie an einem intimen Ort Karten, die an schicksalhafte Ereignisse erinnern, die sich während der Ausgangssperre im Freien ereignet haben. Was wird geschehen, wenn diesen drei Personen diese intimen Orte finden?

MOHSEN ABOLHASSANI

MIRROW

TEHERAN

© Mahya Saeedi

Ich bin Mohsen Abolhassani. Ich wurde 1984 in Teheran geboren und bin dort aufgewachsen. Ich habe Dramatic Arts an der Faculty for Fine Arts und Englische Literatur an der Universität Teheran studiert.

Ich bin Schauspieler und habe in Stücken wie Macbeth, the History Boys und Bernarda Albas Haus an prominenten Theaterhäusern in Teheran mitgewirkt.

Ich unterrichte Bühnenschauspiel an der Inja-Drama-School. In meinen Workshops für Civil Acting unterrichte ich auch Nicht-Schauspieler, die daran interessiert sind, ihr persönliches und berufliches Leben durch Theaterunterricht zu verbessern.

Eine selbstreflexive und offenherzige Erzählung in drei Sprachen ist Bestandteil meiner Performances.

Divan Institute Teheran

In meiner ersten Performance zeige ich euch etwas, das ich mir jahrelang selbst kaum zu zeigen gewagt hatte: das vollständige und langsame Abtasten meines ganzen Gesichts. Ich habe Spiegel jahrelang gemieden. Oder wenn ich mich einem stellen musste, tat ich das unter möglichst geringem Licht aus der größtmöglichen Entfernung. Mir ist klar, dass das besonders für einen Schauspieler komisch klingt. Ich bin von Kindheit an mit widersprüchlichen Vorstellungen über mein Aussehen aufgewachsen. Sie verfolgen mich immer noch, auch wenn ich seit einigen Jahren als Schauspieler und Modell arbeite.

In der zweiten Performance versuche ich mich zu befreien. Ich kämpfe ständig darum, mich auszuziehen, während ich gleichzeitig versuche, das Leben zu feiern. Dieser Vorgang ähnelt meinem alltäglichen Leben: Ich kämpfe ums Überleben und versuche zu lernen, den Kampf zu genießen, da ich glaube, dass ich keine Chance für ein anderes Leben habe.

In der dritten Performance spiele ich vielleicht Geige für euch, aber ganz gewiss auf meine eigene Weise.

DRAMATURGIA CLANDESTINA

ISMAEL TOCORNAL 8111

SANTIAGO DE CHILE

David Arancibia Urzúa
San Ramón, Foto © Jorge Jaramillo

Ist Dramaturg, Autor und Theaterregisseur in Chile. Er ist künstlerischer Leiter des Dramaturgie-Labors und der Theaterforschungsgruppe „Dramaturgia Clandestina“. Er schrieb bzw. inszenierte La Sagrada Historia del Reyno de Shile (2010), ¡Monitos Culiaos! (2008-2011) und Awkarayen (re escritura despojada) (2012-2013), Oveja Negra (…o la muerte de chile.), Ñuke (geschrieben am Internationalen Dramaturgie-Seminar des Royal Court Theatre in Chile (2012-2013), und Mãa (geschrieben während Abejas Tapioca 2018: “Zwei Residenzen im kolumbianischen Amazonas-Orinoko“). Arancibia führte Regie bei Theaterstücken in unkonventionellen Räumen, wie Sitio de Memoria: Cuerpos Constituyentes (Forschungsaufenthalt „Poner el Cuerpo: Llamamientos de arte y política en los años ochenta en América Latina/Den Körper zur Schau stellen: Aufrufe zur Kunst und Politik in den 1980er Jahren in Lateinamerika)“ im August 2016 in Santiago; ¡Estamos Vivos! (Abejas Tapioca 2018) im August 2018 in Mitú/Vaupés, Kolumbien). Er beschäftigt sich ebenfalls mit Poesie und Performance.

Biographisches DokuDrama als Selbsterfahrung

„Ismael Tocornal 8111“ ist ein biografisches Werk, ein kleiner Dokumentarfilm über einen Abschnitt meines Lebens. Es ist die Rekonstruktion von Geschichten, von Blicken in die Vergangenheit, von Schweigen und Erinnerungen an das Haus, in dem ich geboren wurde. Es lag in einer der ärmsten Gemeinden Santiagos, in einem der Viertel, in dem sich der größte Teil des Drogenhandels in der traurigen, grauen, betonierten Hauptstadt konzentriert. Dieser Stadtteil ist einer der Orte, an denen man jede Nacht ein Feuerwerk hört, um anzukündigen, dass die Droge eingetroffen ist. Aber heute hört man es am helllichten Tag, inmitten der Leichenwagen, um zu verkünden, dass hier ein Nachbar an dieser Krankheit gestorben ist…

ISMENE SCHELL

EXTASE

STUTTGART

Ismene Schell, Foto © Yago Brasil

Ismene Schell * 1966 war nach ihrer Schauspielausbildung in Stuttgart am Zimmertheater Tübingen und am Landestheater Neuss engagiert. 2005 gründete sie die freien bühne stuttgart als freies Sprechtheaterensemble, 2008 (bis 2012) leitete sie zudem die Jugendabteilung der Schaubühne Sindelfingen und gründete die Initiative TUSCH Stuttgart e.V., die sie bis 2017 als Projektleiterin begleitete. Gemeinsam mit Mohammad Reza Golemohammad, Jenny Sprenger-Müller und besonders in Kooperation mit dem Kulturhaus Schwanen Waiblingen etablierte Ismene Schell die fbs über die Grenzen Stuttgarts hinaus als interkulturelles inklusives Theaterensemble. Seit 2019 entwickelt sie gemeinsam mit einem interdisziplinären interkulturellen Künstlerteam und in Kooperation mit unterschiedlichen Arbeits- und Veranstaltungsorten in Stuttgart die fbs zu einem Gestaltungsraum für künstlerische und soziale Kooperations- und Produktionsformen und unterstützt besonders Kunstschaffende mit unkonventionellen beruflichen Werdegängen und/oder Behinderung/Fluchthintergrund in Stuttgart bei der Professionalisierung sowie der Entwicklung und Erprobung zeitgemäßer künstlerischer Ausdrucksformen.

Extase
Wenn du alle Barrieren beseitigt hast, die dich vom Leben trennen, dann wird Intimität verschwinden.
Wer bin ich?
Das Leben.
Was ist Leben?
Was eine Blume dazu bringt, ihre Blütenblätter zu öffnen.
Sieh mich lächeln.

WILLIAM FERNANDO APARICIO

ÜBUNGEN ZUM ZEICHNEN UND STAUBSAUGEN AM FENSTER

MAILAND

William Fernando Aparicio, Foto © Nathalie Ospina

Wurde 1985 in Bucaramanga, Kolumbien geboren. Im Jahr 2008 schloss er sein Studium der Freien Kunst an der Universidad Nacional de Colombia ab. 2010 folgte dort der Abschluss seines Masterstudiums in Bildender Kunst. Über 9 Jahre arbeitete er als Professor für Kunst und Fotografie an verschiedenen Universitäten in Bogotá, Kolumbien. Aparicios Arbeit wurde bereits in sechs Einzelausstellungen und in mehr als 40 Gemeinschaftsausstellungen präsentiert. Seine Arbeit wurde mit verschiedene Preise und Auszeichnungen gewürdigt. Seit 2019 wohnt er in Mailand.

Als multidisziplinärer Künstler reflektiert sein Werk die verschiedenen Möglichkeiten der fotografischen Techniken. Seine Arbeit geht von der Idee aus, dass wir gegenwärtig, dank Internet, in einem Ökosystem der Überproduktion von Bildern leben. Die menschliche Erfahrung wird digitalisiert. Ob wir wollen oder nicht, sind wir Teil des net, wir sind Daten. Aparicios akademische Herkunft ist die Malerei. Der Herstellung von Bildern und damit den dafür zur Verfügung stehenden Techniken gilt daher sein fundamentales Interesse. In seiner Arbeit als Lehrer und in seinen Kunstprojekten richtet er sein Hauptaugenmerk auf die Untersuchung des Zeitbegriffs und dessen vielfältige und komplexen Bedeutungen.

Übungen zum Zeichnen und Staubsaugen am Fenster
„Schön wie das zufällige Treffen eines Staubsaugers und eine Nadel auf einem Projektionsbildschirm“

Seit einigen Jahren bin ich besessen von Bildschirmlicht. Durch das Computer-Fenster habe ich aus meiner Wohnung in Mailand mehr als 20 Personen fotografiert, die alltägliche Tätigkeiten in einem anderen Ort der Welt ausführen. Die Fotografien nehme ich mit Hilfe eines Scanners auf, mit dem ich den Bildschirm digitalisiere, in/auf dem der Körper in Bewegung ist. Der Vorgang des Abtastens durch den Sensor, der sich der Aktion bemächtigt, erzeugt die Verzerrung und Unschärfe des Körperbilds.

Meine Performance stellt die Live-Übertragung einer Zeichenübung dar, die in einem von mir gebauten dunklen Raum gemacht wird. Das Aufnahmegerät zeigt auf den Computerbildschirm, auf dem eine invertierte Loop-Animation abgespielt wird. Das bewegte Bild ist bei einem Videoanruf entstanden, bei dem Isabella in ihrem Haus in Bogotá staubsaugte. Ich durchsteche den Papierbildschirm der Camara obscura mit einer Nadel, als wäre es eine pointilistische Übung mit Licht.

HAYA IBRAHIM

EXPOSE

DAMASKUS

Haya Ibrahim, Foto © Basher Jabbour

Ich bin Tänzerin und wurde 1997 als Palästinenserin in Damaskus geboren. 2002 (bis 2006) begann ich im VIP Center in Damaskus mit klassischem Ballett, von 2007 bis 2012 besuchte ich Latin-Tanzkurse, seit 2013 tanze ich Hip-Hop, seit 2015 orientalischen Bauchtanz. In den Bereichen Tanz und Theater nahm ich an Kunst-Camps und Workshops im Libanon teil.

Haya Ibrahim

Die grundlegende Idee meiner Performance ist es, durch die tanzenden Bewegungen die harmonische Organisation des Körpers als Ganzes zu zeigen: Die Hände sind von den allen anderen Teile des Körpers entfernt sowie alle Körperteile von anderen Teilen durch einem bestimmten Abstand voneinander entfernt sind. Befindet sich nicht jeder Einzelne von uns in jeweils unterschiedlichen Abständen von den anderen entfernt? Während des Tanzens bewegen sich die unterschiedlichen Körperteile und fangen an, die anderen Teile des Körpers in Bewegung zu setzen, die intime Beziehung wird hier offensichtlich und zeigt, dass es immer Kommunikation zwischen uns gibt, selbst wenn wir voneinander entfernt sind, dass wir auf der Grundlage von Intimität und Harmonie existieren.

DUSTY DUST

OBSCURE STEPS

BAHRAIN

Ich bin ein Künstler in Bahrain, der sich auf Breakdance und Graffiti-Kunst spezialisiert hat. Ich bin seit zehn Jahren als Bildender Künstler, seit 14 Jahren als Tänzer und Performer tätig. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, meiner communitiy etwas zurückzugeben. Ich achte darauf, dass ich, was immer ich auch lerne, in Workshops und an Akademien unterrichte. Ich hatte das Privileg mehrere regionale Wettbewerbe zu gewinnen und wurde eingeladen um in den USA, Holland, der Schweiz, Japan und Jordanien aufzutreten.

Dusty Dust, Foto © Manuel Hottmann

Während die globale Pandemie weiterhin eine bedeutsame Rolle im täglichen Leben spielt, kommt es uns immer normaler vor, dass wir keine Verbindung zu unseren communities oder zu uns selbst haben. Ich nenne meine Performance OBSCURE STEPS, weil ich versuchen möchte, unbekannte Wege zu entdecken, die mein Körper rhythmisch bewältigen kann; die unbequem sind, denn ich tanze in einer kleinen Ecke meines Zimmers, in der Intimität sehr gefährdet ist. Ziel dieser Performance ist es, durch Tanz & Bewegung die Lücke zu schließen, die die Pandemie auf lokaler und globaler Ebene zwischen uns geschoben hat. Ich möchte mit mir selbst wieder in Kontakt kommen, zeigen, dass wir mit dem künstlerischen Ausdruck Beziehungen knüpfen können, egal was auf uns zukommt. Tanz und Bewegung sind internationale Sprachen, die Barrieren durchbrechen und uns näher zueinander bringen um diese pandemischen Erfahrungen zu teilen in einer Zeit, in der die Menschheit als Ganzes diesen Austausch am meisten braucht.

JOHANA GÓMEZ

WAS SICH IN ALL DEM VERBIRGT 何为更深的一切

PEKING

Johana Gomez, Foto © John Barrera

1985 in Bogotá/Kolumbien geboren, studierte dort an der Universidad Nacional de Colombia Bildende Kunst mit Schwerpunkt Neue Medien und Kunsttheorie. Ab 2008 absolvierte sie ein Performance-Studium in Brasilien an der Escola de Comunicações e Artes an der Universidade de São Paulo. Zum Diplomabschluss reiste sie mit ihrer Performance „Proyecto Nomada“ in einem Zeitraum von sechs Monaten durch ganz Südamerika. Seit 2011 wohnt sie in Deutschland. 2015 schloss sie ihr Studium im Fach Bühnen- und Kostümbild an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart ab. Seitdem arbeitet sie in Deutschland als freischaffende Künstlerin, besonders im Bereich Theater. Im Jahr 2019 gründete sie mit anderen Künstlerinnen den Kunst- und Kulturverein LaFuchsiaKollektiva e. V. mit Sitz in Stuttgart, der in den letzten Jahren verschiedene Kunst- und kulturelle Bildungsprojekte durchgeführt hat. Seit Anfang 2020 pendelt sie zwischen Peking und Stuttgart. Sie interessiert sich für die Gestaltung interdisziplinärer und intermedialer Projekte für ein nicht elitäres Publikum und nutzt dafür Formen des Theaters und der Bildenden Kunst. Ihre aktuellen aber auch wiederkehrenden Themen sind in erster Linie die gesellschaftlichen Rollen der Frau und der Femizid.

Ist das Intime ein physikalisches Phänomen oder gehört es zu den utopischen Seinszuständen?
Intimität bedeutet Freiheit, Loslösung von allem Festen, Fühlbaren und allem, was uns umfasst. Intimität ist ein kugelförmiges, magnetisches und rotierendes Gefühl, das unseren Körper am Leben erhält. Sie hält uns aufrecht und lässt uns plötzlich in der Ekstase des Immateriellen zitternd fallen. Es ist Angst und Leidenschaft zugleich.
Es ist ein Kampf zwischen Vernunft und Gefühl.
Ich will alles zerbrechen, alles was mich hält, meine Eingeweide, meine Lungen, meinen ganzen Körper. Ich will, dass das Fenster meines Zimmers, meines Hauses, meiner Nachbarschaft, der Stadt, in der ich lebe, und des ganzen Kontinents explodiert. Ich möchte dann auf einer amorphen und organischen Masse ohne Grenzen und Beschränkungen treiben, einer neuen Pangäa. Ich möchte mich mit den Gasen der Atmosphäre vermischen und an meinem Ursprung, dem Ursprung aller Dinge, verschwinden.
Ist Intimität ein Atemzug, eine warme Luft zwischen den Genitalien und dem Mund?

亲密关系是一种物理现象还是属于乌托邦的存在状态?
亲密意味着自由,脱离一切坚实,可触及的事物以及包含我们的一切。亲密感是一种球形,磁性和旋转的感觉,可以使我们的身体保持活力。那使我们直立,突然使我们在非物质的狂喜中振动。同时是恐惧和激情。这是理性与感性之间的斗争。
我想破坏所有包含我的一切,我的肠,肺,和我全部的身体。我希望我卧室的窗户,我的房子,我的街区,我居住的城市以及整个大陆爆炸。 因此,我想漂浮在无边界和无边界的无定形有机物体上,这是一个新的泛大陆。 我想与大气中的气体混合,并消失在我的起源,万物的起源,一切的内在。
亲密关系是阳具和嘴巴之间的呼吸吗?

BLACK PETAL COLECTIVE

ANTICIPATED ANTICS

JOHANNESBURG

Bongile Lecoge Zulu
Foto © Siphumeze Khundayi
Zama Jolobe

Das Black Petal Collective ist eine Teilorganisation von Black Petal Productions in Südafrika. Das Kreativpaar Bongile Lecoge-Zulu und Zama Jolobe residieren in Johannesburg und beschäftigen sich mit Video-Performance-Kunstproduktionen, die Momente des Erlebens einfangen. Bongile Lecoge-Zulu arbeitet interdisziplinär in der musikalischen und theatralen Bildung und Prozeßbegleitung sowie als Performerin, Autorin und Kuratorin; Zama Jolobe ist Filmemacher, Regisseur und Videoredakteur.

Performt von Bongile Lecoge-Zulu
Videokunst von Zama Jolobe

ANTICIPATED ANTICS ist eine sinnliche und spielerische Interpretation von Intimität, die man fern von allem alleine erlebt. Wenn sinnliche und elementare Stimulation aus der Natur aufeinanderstoßen, ist es möglich, in einem Winkel seiner eigenen Welt, abgeschieden von allen anderen, lebendig zu werden. In einer Zeit, in der unsere Welten und unsere Reichweite so kurzsichtig geworden sind, mussten wir uns alle nach Trost, Freude und Unterhaltung umschauen. ANTICIPATED ANTICS zeigt Momente der Intimität, in der immersive Begegnungen im eigenen privaten Raum geschaffen werden.

NADIA GRANADOS

QUARANTÄNE-SEMIOTIK

BOGOTÁ

Nadia Granados

Ich bin eine Video- und Performance-Künstlerin, Queer. Ich begann schon 1997 mit meiner Videokunst, als es in Kolumbien noch unvorstellbar war, welche Reichweite die digitalen Technologien haben würden. Von 2003 bis 2010 war ich Teil des interdisziplinären Kollektivs für alternative und populäre Kommunikation „Somos Sudacas“. Ab 2010 habe ich ein individuelles Multimedia-Kunstprojekt mit dem Namen La Fulminante -www.lafulminante.com– gestartet. Im Zuge dieser Arbeit habe ich darüber nachgedacht, wie die Kreuzung von Codes mit Hilfe von viralen Diffusionsstrategien und Post-Porno-Ressourcen attraktive audiovisuelle Produkte erzeugen könnte für ein Publikum, das nicht an Inhalten wie soziale Kämpfe und politisch-aktivistische Kritik interessiert ist. Seit 2013 experimentiere ich mit dem Kabarett als ein Konzept für ein interdisziplinäres Bühnenformat. Bis heute habe ich als Regisseurin zwei Ein-Personen-Kabaretts und zwölf Laboratorien der kollektiven Schöpfung verwirklicht. Es interessiert mich, an dem Diskurs über Machtverhältnisse, Medienmanipulation und geschlechtsspezifischer Gewalt in die teilzunehmen.

Valenzuela Klenner Galería Bogotá Barrio la Macarena, Foto © Nadia Granados

QUARANTÄNE-SEMIOTIK

Diese Performance ist eine Fusion aus Martha Roslers Weks Semiotics of The Kitchen und einer Aktion, die ich entworfen habe.

Mein Körper ist in eine durchsichtige Plastiktüte mit 27 durchsichtigen Luftballons eingehüllt, einer für jeden Buchstaben des Alphabets. Jeder Ballon enthält eine kleine Menge Tierblut und eine kleine Plastikplatte mit einem auf Spanisch und Englisch aufgedruckten Wort. Diese Worte spielen auf Gefühle an, die durch die wegen der COVID 19-Quarantäne verhängten Isolation verursacht wurden. Dazu gibt es eine Tonspur, auf der auf Englisch und Spanisch die physischen Beschreibungen von Personen zu hören ist.

Ich erscheine isoliert in einem durchsichtigen, mit Blut verschmierten Raum, der Betrachter sieht den Ballon mit Blut explodieren, aber nicht spritzen. Die Aktion mit diesem verfaulten Blut an meinem Körper ist eine Übertreibung, mit der ich die Aufmerksamkeit auf die Gleichgültigkeit lenke, die angesichts des Schmerzes anderer herrscht. Die Gleichgültigkeit, die dazu führt, dass wir diesen Schmerz in intimen Räumen leben, in denen wir uns aus Angst vor den anderen einschließen.

MAGDA AGUDELO

CICATRIZ

STUTTGART

Magda Agudelo

Magda Agudelo ist darstellende Künstlerin und Literaturwissenschaftlerin. Sie studierte Schauspiel an der Academia Superior de Artes de Bogotá (ASAB) und Germanistik an der Universität Augsburg. Als Künstlerin war sie in verschiedenen Städten in Kolumbien und Deutschland tätig. Sie arbeitet hauptsächlich mit interdisziplinären Künstlerkollektiven und setzt den Schwerpunkt in die Stückentwicklung. Viele Projekte, an denen sie beteiligt war/ist, setzten sich mit politischen und gesellschaftskritischen Themen auseinander. Ihre Arbeit auf der Bühne überschreitet die Grenzen der Schauspielkunst. Sie versteht sich als darstellende Künstlerin und wirkt auch in Tanztheaterstücken und Performances mit, bei denen sie das breite Spektrum ihres Körperausdrucks und ihrer Stimmkunst in hohem Maße zum Einsatz bringen kann.

Paulinenbrücke, Foto © Tamara Wirth

CICATRIZ

Der Blick auf meine Haut
Meine Haut wie ein Buch
Das mir Geschichten erzählt
Alte und junge Geschichten
An die ich mich gut erinnere
Oder kaum erinnern kann
Ein Augenblick der Unachtsamkeit
Oder das Unerwartete war plötzlich da
Und zack!
Das Leben hätte verschwinden können
Aber ich bin noch da
Lebend
Und weinend und lachend
Lese ich meine Haut

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